„Unsere“ Wanderfalken

Schon vor Jahren wurden auf den Hochspannungsmasten in der Nähe des Naturschutzzentrums immer wieder Wanderfalken beobachtet. So kamen wir auf die Idee, dort einen Nistkasten zu installieren. Die Strommasten gehören zu einer Leitungstrasse der Deutschen Bahn, also nahmen wir hier Kontakt auf und wurden an einen Herrn Willig verwiesen, der nicht nur so hieß, sondern auch so war. Er kam bald darauf mit einem Statiker und weiteren Mitarbeitern bei uns vorbei und wir besprachen die Aktion. Einen geeigneten Kasten hatten wir schon bauen lassen.

So kam es, dass im Frühjahr 2008 der Kasten eingebaut wurde. Das klingt leichter, als es war. Zuerst musste auf einer Mastseite der Strom abgestellt werden, dann mussten die Kabel geerdet und alle nötigen Sicherheitsmaßnahmen getroffen werden, damit den Kletterern nichts passiert. Schwindelfrei mussten die natürlich sein.

Der Kasten allein war schon schwer genug und wurde mit einem Seilzug nach oben befördert. Dann kam noch etwas Einstreu hinein, denn die Falken bauen ja kein Nest und die Sache war fertig. Im Jahr 2009 kamen immer wieder mal Wanderfalken zu Besuch, aber im Frühjahr 2010 war es dann so weit. Die erste Brut mit zwei ausgeflogenen Jungvögeln wurde von uns freudig begrüßt. Am 8. Juni 2010 ist der erste junge Falke unter großem Hallo der Beobachter ausgeflogen. Von Alt und Jung unter den Gästen des Naturschutzzentrums wurden in der Zeit die jungen Falken mit dem Spektiv beobachtet.

In den Jahren darauf gab es immer wieder Bruterfolge und es wurden Jungvögel flügge: 2010 zwei, 2011 zwei, 2012 vier, 2013 drei, 2014 vier, 2015 zwei (?), 2016 vier, 2017 vier, 2018 drei, 2019 vier, 2020 vier und 2021 zwei.

Eine Besonderheit wäre noch zu erwähnen: Im Jahr 2015 rief die Bahn bei uns an, der Mast mit dem Kasten muss abgebaut und durch einen Stabileren ersetzt werden. Wann man denn den Wanderfalkenkasten abmontieren könne. Wir erschraken, denn es war eigentlich schon zu spät und die ersten Eier lagen wahrscheinlich schon im Kasten.

Super von der Bahn war dann, dass man uns sagte: „Na gut, dann bauen wir zuerst einen anderen Masten um und Sie sagen uns, wann die Falken ausgeflogen sind.“ Puh, da freut man sich, bei so viel Entgegenkommen. Gesagt, getan. Im Januar 2016 wurde der Kasten abgebaut und ein neuer Kasten auf einen benachbarten Mast montiert. Schon vier Tage später sahen wir, wie die Falken den neuen Kasten angenommen haben – und in dem Jahr dort vier Junge aufzogen.

Im Dezember des gleichen Jahres, als der Mast fertig war, wurde der Kasten wieder an den alten Standort umgesetzt, ebenfalls gleich von den Falken angenommen, die auch 2017 vier Junge groß zogen. An dem alten Standort können wir vom Naturschutzzentrum aus am besten die Falken beobachten. Jetzt wissen wir auch, warum die Wanderfalken heißen!

Mit den Falken erlebt man auch das eine oder andere. 2017 beispielsweise konnte ein junger Falke noch nicht richtig fliegen, als er den Mast verließ und saß dann am Boden. Wir brachten ihn in Sicherheit, damit ihn der Fuchs nicht holt. Später saß er dann in sicherer Höhe im unteren Bereich des Mastes.

2011 wurde ein Jungvogel bald nach dem Ausfliegen tot aufgefunden. Von unserer Kindergruppe wurde er dann unter großer Anteilnahme würdevoll beerdigt.

Am Boden unter dem Falkenkasten kann man auch sehen, wovon sich die Falkenfamilie so ernährt. Viele Elstern und Tauben sind darunter, während des Herbstzuges greift er sich auch durchziehende Eichelhäher, ein Grünspecht, allerlei Kleinvögel – und auch ein Kiebitz war mal darunter.

Vom Naturschutzzentrum aus kann man ganzjährig die Falken beobachten. Am wenigsten sieht man, wenn das Weibchen auf den Eiern sitzt und nachdem die Jungen das Revier verlassen haben. Aber nach dem Ausfliegen werden sie von den Eltern noch im Jagen unterwiesen, da tut sich noch viel. Und im Winter sitzen die Altvögel schon wieder öfter am Nistkasten.

Wer möchte, kann am Naturschutzzentrum auch mal einen Feldstecher oder unser Spektiv benutzen.