Die Vegetation der Pflasterfugen am NZB

Den Bereich um unser Gebäude haben wir mit Natursteinpflaster befestigt. Dahinter standen mehrere Überlegungen. Das gesamte Pflastermaterial ist recycelt, wir haben es aus dem gesamten Landkreis zusammengeholt, von überall, wo wir einen alten Steinhaufen gefunden haben. Wir können an unserem Pflaster die Geologie des Odenwalds ablesen, wir können uns vorstellen, wo überall das Pflaster wohl vorher gelegen hat, wegen uns musste kein Steinbruch erweitert werden – und wir haben viel Geld gespart.

Außerdem ist der Boden nicht völlig versiegelt. Aus den Fugen sprießt eine Vielfalt an, manchmal recht unscheinbaren, aber interessanten Pflanzenarten. Ein paar von ihnen wollen wir hier vorstellen – und dazu anregen, auch auf die kleinen Dinge zu unseren Füßen zu achten.

Eine ganz typische Pflasterfugenart ist das Niederliegende Mastkaut (Sagina procumbens). Oft gar für ein Moos gehalten, handelt es sich um eine winzige Nelkenart, die auch 5mm große Blüten trägt.

Ähnlich unscheinbar ist das Kahle Bruchkraut (Herniaria glabra), das ebenfalls zur Verwandtschaft der Nelkengewächse gehört. Durch seine gelblichgrüne Farbe ist es recht auffällig. Das Kahle Bruchkraut ist unempfindlich, wenn man darüber läuft, das ist eine der wichtigen Eigenschaften solcher Pflasterfugengewächse. An den Füßen haftend werden seine Samen sogar weiter verbreitet.

Auch eine Kleeart hat unsere Pflasterritzen erobert: Der Weißklee (Trifolium repens) , der auch sonst auf unserem Gelände zerstreut gedeiht und dessen nektarreiche Blüten gerne von Schmetterlingen und Bienen besucht werden. Er ist eine gute Bienentrachtpflanze.

Eine weitere Kleeart mit winzigen gelben Blüten ist der Hopfenklee (Medicago lupulina). Seine Blütenstände erinnern an die des Hopfens, daher der deutsche Name. Auch er wird von Bienen und kleiner Zweiflüglern bestäubt, seine Blütezeit reicht von Mai bis in den Herbst.

An Stellen, über die man seltener drüberläuft, wächst ein Namensvetter der Leiterin des NZB aus den Ritzen: Der fremde Ehrenpreis (Veronica persica). Es gibt bei uns viele verschiedene Arten der Gattung Veronica und man muss genau hinschauen, um sie zu unterscheiden. Ihre kleinen blau-weißen Blüten findet man fast das ganze Jahr über.

Auf den benachbarten Sandhügeln wächst die Raue Segge (Carex hirta) aus der Familie der Sauergräser, die von da aus auch die Pflasterfugen erobert hat. Hier breitet sie sich durch Wurzelausläufer weiter aus. Den lockeren Sand auf unseren Sandhügeln hat sie so mit ihren Wurzeln befestigt.

Das Frühlings-Hungerblümchen (Draba verna) ist auch eher ungeeignet, einen Blumenstrauß daraus zu binden. Es zählt mit den Kohlarten, Radieschen u.a. zur Verwandtschaft der Kreuzblütergewächse. Es blüht schon im zeitigen Frühjahr und wächst auf sandigen und grusigen, offenen Bodenstellen. Auf unserem Bild sind bereits die reifen Samen aus den kleinen Schoten ausgefallen.

Auch das Hirtentäschelkraut (Capsella bursa-pastoris) gehört zu den Kreuzblütern mit vier Blütenblättern. Es blüht das ganze Jahr über, selbst im Winter. An seinen herzförmigen Schötchenen ist es leicht zu erkennen und dürfte jedem Gartenbesitzer ein Begriff sein.

Das Kriechende Fingerkraut (Potentilla reptans) ist ein Mitglied der Familie der Rosengewächse. Es hat gelbe Blüten mit fünf Blütenblätter und verbreitet sich durch Ausläufer, die man auch auf dem Bild gut erkennen kann. Es wächst oft zwischen Bahnschotter, an Straßenböschungen und auf Äckern.

Der Vogelknöterich (Polygonum aviculare) ist gegen Betreten besonders unempfindlich und findet sich deshalb auch auf viel begangenen Wegen und Gartenpfaden. Auch er verbreitet sich durch Ausläufer. Seine Blätter stellen sich nachts aufrecht und legen sich zusammen. Seine Samen werden gerne von Vögeln gefressen.

Das Gemeine Greiskraut (Senecio vulgaris) dürfte auch vielen als Gartenwildkraut bekannt sein. Es verbreitet sich über Flugfrüchte ähnlich denen des Löwenzahns und ist leicht von den anderen Greiskräutern zu unterscheiden. Die Greiskrautarten sind giftig.

Das sind aber längst noch nicht alle Pflanzenarten, die die Fugen unseres Natursteinpflasters besiedeln. Weitere Arten sind:

Schafgarbe (Achillea millefolium)
Süßer Tragant (Astragalus glycyphyllos)
Dach-Pippau (Crepis tectorum)
Karthäusernelke (Dianthus carthusianorum)
Kletten-Labkraut (Galium aparine)
Tüpfel-Johanniskraut (Hypericum perforatum)
Gewöhnliches Ferkelkraut (Hypochoeris radicata)
Steinbrech-Felsennelke (Petrorhagia saxifraga)
Taubenkropf-Leimkraut (Silene vulgaris)

Wie man sieht, selbst in der kleinsten Ritze breitet sich das Leben aus. Unspektakulär, aber vielleicht auch deshalb interessant. Es gibt überall etwas zu entdecken.