Warum ist mir dieser eine Satz noch so im Ohr?
Ich war am Wochenende mit Gerhard nach Nordhessen gefahren. Er wollte in seiner Funktion als NABU Landesvorsitzender einem Weggefährten im Bereich Naturschutz zum 90.sten Geburtstag gratulieren. Diesen Mann wollte ich auch kennenlernen. Einem Menschen zu begegnen, der sein Leben, auch noch im hohen Alter, dem aktiven Naturschutz gewidmet hat, das ist nicht alltäglich.
Herr Volkhardt ist in der Tat ein außergewöhnlicher Mensch. Er ist nicht groß, aber er hat Größe. Seine Augen blitzten und ich sah die Lebendigkeit, die sich in seiner Bewegung und seinen Erzählungen widerspiegelte. Er war sehr froh, dass der Landesvorsitzende extra die weite Strecke zurückgelegt hat (er wohnt in Hessisch Lichtenau) um ihm zu gratulieren.
Herr Volkhardt feierte im Kreise der Familie, nachdem sich Gratulanten aus Politik, Kirche und Naturschutz wieder verabschiedet hatten. Man sagt ihm nach, er habe nicht nur Freunde, er sei streitbar und sehr entschlossen in seinen Handlungen. Kann ich mir vorstellen. Aber die Natur kann sich nicht selbst verteidigen, sie braucht den Menschen, der sich um seine Belange kümmert. Er ist so einer!
Ich fragte ihn nach persönlichen Meilensteinen und da nannte er zum Beispiel den Schutz einer Feuchtwiese (inzwischen umfasst sie eine Fläche von über 50 ha). Wer mehr darüber erfahren will, der gibt in der Suchmaschine den NABU Hessen und Glimmerode ein.
Er erzählte auch, dass früher auf seiner Wiese vor dem Haus Schachbrettblumen geblüht hätten. Die Schachbrettblume konnte sich im Schutz von anderen Pflanzen unbemerkt vermehren. Er schilderte den Augenblick, wie ihn ein Naturschutzfreund von dem ihm bislang noch nicht gekannten Fund in Kenntnis setzte und er daraufhin sein Essen stehen ließ, um sich sofort an diese Stelle zu begeben. 150 Exemplare hätte er vorgefunden und diese Tatsache hätte ihn unbeschreiblich glücklich gemacht.
Was mich mit ihm verbindet ist seine Leidenschaft, das Brennen für eine Sache. So sieht jemand aus, der wirklich von einer Sache begeistert ist und ohne Zweifel gibt es da kaum etwas, was einen dabei ausbremsen kann oder ausbremsen sollte, wenn es dem Allgemeinwohl dient, sag ich mal so.
Wir fuhren auf Einladung noch zu seinem Grundstück in den Nachbarort, ich wollte unbedingt die vielen hundert blühenden Winterlinge in seinem Garten sehen, aber es waren nicht nur die Winterlinge, die mich begeisterten, auch die Schneeglöckchen, Orchideen in den Gewächshäusern und… überhaupt kam ich mir vor – wie im Paradies. Musikalisch wurden diese Augenblicke vom Gesang zweier Singschwäne untermalt.
Zurück zum Tagesgeschehen. Beim Essen saß ich zwei pfiffigen Kindern gegenüber. Das waren Maybritt, sie ist vier Jahre alt und Cornelius ihr Bruder, er kommt jetzt in die Schule. Wie genau das familiäre Verhältnis von den beiden zu Herrn Volkhardt ist, weiß ich nicht wirklich, aber ich kann mir vorstellen, dass sie mit dem Jubilar einiges gemeinsam haben.
Neugier und Gelassenheit.
Jetzt komm ich auch zu meiner Erklärung, warum ich diese Titelüberschrift gewählt habe. Maybritt faszinierte mich. Sie war eine aufmerksame Zuhörerin bei Tisch und wenn sie ihre Chance kommen sah, dann tat sie dies mit den Worten: „Noch eine Frage, bitte“. Meist war diese Frage an ihre Oma gerichtet, die ihr dann auf ihre Frage in Ruhe eine zufriedenstellende Antwort gab.
Cornelius ihr Bruder hingegen, widmete sich ganz dem kulinarischen Genuss. Er wählte sehr sorgsam aus, was er auf seinem Teller haben wollte. Bissen für Bissen, ein Genuss! Die zurückgebliebene Soße auf dem Teller wurde mit dem Zeigefinger in der gleichen Ruhe zu einem Muster und dann ebenfalls genüsslich aufgeschleckt. Oma war das erst peinlich, aber als sie sah, dass sich jeder darüber still amüsierte, duldete sie es verständnisvoll.
Genuss pur und Ehrfurcht vor der Nahrung, so würde ich diesen Akt gerne nennen. Im Übrigen war er für mich selbst ein Vorbild. Ich bin sonst eher ein Schnellesser, aber Cornelius hat mir ein Bespiel gegeben. Von solchen Vorbildern kann ich nicht genug kriegen.