Ich saß den ganzen Nachmittag mit meinem FÖJler zu einer Lehrstunde vor dem Computer.Wobei ich die Schülerin war. Unser Thema: Wie kann ich mit meinem Filmmaterial einem kleinen Film zusammenschneiden. Anstrengend, aber aufregend. Und irgendwann ging nichts mehr. Ende, zumindest für heute.
Da Annika noch mit (vorwiegend) Mädchen im Werkraum Kräutersalbe und Olivenseife herstellte (es roch herrlich), nutzte ich die Zeit, um mit Robert nach dem Leben der Wanderfalken Ausschau zu halten. Was wir dann erlebten, ist kaum zu beschreiben. Ich versuche es trotzdem.
Als wir gegen 16.30 Uhr das erste Mal durch das Spektiv schauten, saß der Altvogel geruhsam auf der obersten Traversenstange. Der Jungvogel lief vor dem Eingang auf und ab und, was bereits auffälllig war, er bewegte sich nah am „Abgrund“. Dabei flatterte er aufgeregt hin und her. Wir hatten schon so ein Gefühl. „Da geht gleich was!“ Abwechselnd beobachteten wir und informierten uns, was gerade oben passierte. So ein Kommentar hörte sich dann etwa so an: „Die Mutter hat ihn im Auge. Sie spricht ihm Mut zu. Komm trau dich, es ist jetzt langsam Zeit“. Und als es ihm zu lange dauerte,erhob er sich noch einmal in die Lüfte und drehte eine größere Runde. Er landete direkt neben dem jungen Wanderfalken. Vielleicht mit dem Kommentar: „Hast du es gesehen, es geht doch ganz einfach“.
Daraufhin konnten wir beobachten, wie der junge Wanderfalke weiter kräftig übte, bis er es dann endlich wagte und auf die oberste Querstange hüpfte bzw. „flog“. Auf dieser Stange ging es dann wieder hin und her. Die Mutter/Vater zog sich in den Falkenkasten zurück. Unser Gedanke: Entweder können sie nicht zusehen oder sie sind der Meinung, dass man irgendwann als Eltern dem Nachwuchs eigene Wege gehen lassen muss, sie sozusagen aus dem „Nest“ schubsen muss.
Das Schauspiel ging weiter – sein Radius wurde immer größer, das Flattern aufgeregter und dann…
ja dann hob er wirkllich ab und zog im kurzen Radius, für wenige Sekunden seine erste Runde.
Wir haben regelrecht mitgefiebert und als es endlich so weit war, jubelten wir so laut und klatschten Applaus, dass wir die BesucherInnen im Haus aufschreckten. Für ein Tor der Deutschen hätten wir uns nicht mehr gefreut (wenn ich mir mal grad aus gegebenen Anlass, diese Anmerkung erlauben darf).
Mit diesem Augenblick war alles anders. Er saß wieder vor seinem Eingang, dieses Mal hampelte er aber nicht mehr herum. Irgendwie war er schlagartig erwachsen geworden. Ruhig und gelassen.
Und wenig später wagte er ein zweites Mal einen Rundflug, doch die Landung klappte erst im 2. Versuch.
Jetzt sitzen beide, mit dem Blick nach Süden gerichtet auf ihrem Ansitz und strahlen Ruhe und Gelassenheit aus.
Ich hingegen bin aufgeregt, aber sehr glücklich, diese Augenblicke erlebt zu haben. Robert ging es übrigens genauso.