Es ist kurz vor dem Mittagessen. Plötzlich großes Geschrei und dann baut sich eine Horde von Ferienspielkindern vor meinem geöffneten Fenster auf. In einer Schüssel ein großer Käfer mit sehr langen Fühlern.
Aha, denke ich und hätte gerne eine Antwort gegeben: „das ist ein … ehrlich gesagt, ich weiß es nicht“. Und ich tat, was ich immer tue, wenn ich ein Tier oder eine Pflanze nicht bestimmen kann. Ich rufe die Nummer von Herrn Eppler an, beschreibe, was ich sehe und er sagt: „Kann ich so auch nicht aus dem Stegreif sagen, schaut doch mal im Käferlexikon nach“.
Die Kinder nichts wie nach oben in die Bibliothek. Und dann wird geblättert.
Relativ sicher sind wir in unseren Beurteilungen: das muss ein Bockkäfer sein.
Moritz wird noch genauer, er ist fasziniert und er lässt nicht locker: „das ist ein Heldbockkäfer“. Und da wir es nicht besser wissen, bleibt es erst einmal ein Heldbockkäfer.
Moritz lässt sich heute nicht abwimmeln. Als ihn sein Vater abholen will, fragt er bei mir nach: „Wie lange dauert es noch, bis der Mann kommt, der sich auskennt“? Wenn ich das so immer genau wüsste…
Moritz hat Glück. Da steht der Mann in der Tür und sofort wird er mit unserem Fund konfrontiert.
Es ist still, er beobachtet genau und dann ein: Oh (ein kurzes, erstauntes Oh) Ich kenne dieses Oh, dann ist es immer etwas Besonderes. Er nimmt den Käfer und Moritz hinter ihm her.
Über Internet die richtigen Seiten aufgeschlagen und dann das Ergebnis: es ist ein Körnerbock. Und er steht auf der roten Liste 1.
Jetzt gibt es kein Halten mehr. Er will wissen, wo die Kinder ihn gefunden haben, sie holen das Mikroskop, sie studieren die Seiten, sie lassen auch mal andere durch das Binokular schauen.
Große Begeisterung und Aufregung.
Moritz hat heute Nachmittag den Käfer gleich gezeichnet, er schenkt Herrn Eppler das Bild (wahrscheinlich aus Anerkennung und Respekt) und damit sie auch was davon haben, hier wieder eine Skizze und auf Lindmayers liveBlick ein richtiges Foto. Und wenn Sie noch mehr wissen wollen, dann betrachten Sie im Internet mal die richtigen Seiten dazu. Spannend, sehr spannend.
Und während ich hier schreibe, höre ich Gerhard aus dem anderen Zimmer mit dem einen oder anderen Kommentar – klingt teilweise sehr wissenschaftlich.
Z.B. habe ich mir einen Begriff buchstabieren lassen: Cerambycidae, Megopis scabricornis.
Klingt doch irgendwie geheimnisvoll – oder.
Oder noch andere Sprüche: wird 5 cm lang… kommt selten in Süddeutschland entlang der Rheinschiene vor… oder
lebt als Larve in alten Laubbäumen… ist eine regelrechte Urwaldart …Und das bei uns am Naturschutzzentrum!!!! Ein Hoch auf unsere alten Bäume.
Ich bin stolz, sooo stolz, dass meine Ferienspielkinder mal wieder gezeigt haben, was es für Schätze hier an der Erlache gibt. Morgen werden wir den Kindern ausführlich im Morgenkreis darüber berichten.
Was für ein Tag! Es ist nicht das erste Mal, das Ferienspielkinder mit ihrer Beobachtungsgabe und ihrer Neugier etwas Besonderes gefunden haben.
Im letzten Jahr war es der „Walker“. Über diesen Fund berichtete sogar die Presse. Und wenn Sie schon mal „recherchieren, dann geben Sie auch gleich den Begriff „Walker“ ein.