Es gibt kaum einen Tag ohne besondere Ereignisse, daran bin ich schon gewöhnt. Meist sind es wohltuende Erlebnisse, die mich zudem glücklich machen.
Manche Tage aber sind besonders.
Gestern morgen kam ein Mann mit dem Fahrrad. Er sagte: „Frau Lindmayer, wir müssen unbedingt etwas machen. Da draußen sitzt unweit von hier ein junger Wanderfalke. Er hat überhaupt keine Angst. Ich konnte ganz nahe an ihn herankommen. Das könnten auch andere sein, die keine Naturschützer wie ich es bin. Am Abend auch der Fuchs“.
Ich dachte zuerst (ich gebe es ja zu): „da muss ich mit meinem Foto hin“. So eine Gelegenheit bietet sich nicht alle Tage. Doch zuerst informierte ich Gerhard und der startete sofort mit einer Rundmail an die anderen Natur- und Vogelschützer.
Der kleine (von wegen), der junge Wanderfalke, saß auf einem Erdhügel. Ich schlich mich langsam mit der Kamera heran. Bild siehe oben. Er blieb ruhig sitzen.
Inzwischen kam ein weiterer Vogelliebhaber dazu. Mit einer richtig tollen Kamera und einem langen Objektiv. Das ist gut für mich, dachte ich, so kann ich meine Kamera wegpacken und mich voll auf den Anblick des Falken konzentrieren. Was für ein schönes Gefieder, dachte ich. Wie groß seine Krallen sind! Jetzt kann ich verstehen, dass sie Räuber der Lüfte sind und auch größere Vögel wie Elstern oder Spechte packen. Dann dieser spitze Schnabel.
Auf einmal wurde er unruhig. Er trippelte etwas weiter. Die beiden Männer beratschlagten sich, dass man eine Art Wache machen müsse, damit er unbeschadet bleibt. Dabei gaben sie ihr eigenes Wissen über die Falken weiter.
Und ich hörte aufmerksam zu. Hätten Sie gewusst, dass Männlein und Weiblein ihren Nachwuchs getrennt im Beutefang unterrichten. Also die Männer bringen den Jungs bei, wie man einen Vogel in der Luft fängt und die Frauen ihren Mädchen.
Wir nehmen an, dass dieser vorwitzige Falke es nicht mehr erwarten konnte, endlich den ersten Ausflug zu machen. Er hat sich wohl etwas überschätzt und fand den Weg nicht mehr zurück.
Die Eltern hatten ihr Junges aber im Auge. Sie zederten und schimpften. Wie sollten wir ihnen bloß klarmachen, dass wir ganz auf ihrer Seite sind.
Einer der Männer hatte dann die Idee, dass man sich ihm vielleicht doch etwas mehr nähern sollte, so dass er auffliegt und sich zumindest auf einen Baum setzt.
Ich wagte es. Ich ging auf den Falken zu. Er fing an zu flattern und flog direkt auf den Strommast zu. Er setzte sich auf die erste Querschiene. Wir waren erleichtert.
Ich musste gar nicht lange fragen, ob ich ein paar Bilder für meinen Blog haben könnte. Danke an die Herren Hombeuel und Haase für ihre tollen Bilder.
Am Abend machten wir uns noch etwas Sorgen. Ein Unwetter zog auf. Gerhard meinte, das könnte für die Falken ganz schön gefährlich werden.
So war mein Blick heute morgen gleich auf den Strommast gerichtet. Sitzt der kleine Falke noch da? -Er hat die Nacht gut überstanden und ist nicht von der Stange gefallen. Inzwischen wissen wir auch, dass es vier Junge sind, die die Eltern zu versorgen haben.