Entschleunigung wirkt nach

blind frühstücken1Im Rahmen unserer Umweltschultätigkeit, also als regionale Beratungsstelle für Umweltschulen, sind wir in guten Kontakt mit den Schulen. Wir finden, dass dort zusätzlich zum normalen Lehrplan sehr viel mehr für Umweltbildung getan wird.
Von manchen Projekten erfahren wir durch Besuche vor Ort, von manchen aus der Zeitung, und von weiteren Projekten  bei den regelmäßigen Regionaltreffen. So ein Treffen fand zum Beispiel gestern in Beerfurth statt.
Wir honorieren dieses Engagement, indem wir sowohl den SchülerInnen, als auch den Lehrerinnen ab und zu etwas „Gutes“ tun.
Für das Team einer Umweltschule haben wir als kleines Dankeschön vor kurzem einen pädagogischen Tag der besonderen Art durchgeführt.
blind frühstückenDer Tag begann gleich mit einer Überraschung.
Der Frühstückstisch war eingedeckt und mit wohlriechenden Kräutern dekoriert. Als alle KollegInnen eingetroffen waren,  bekam jede/r eine Augenbinde und wurde von uns an ihren Platz geführt. Sie tasteten ihren Bereich ab und hörten sich um, welcher Kollege wohl der unmittelbare Nachbar sei.
Dann servierten wir ihnen nacheinander kleine frische Köstlichkeiten. Der Teller wurde oft direkt vor die Nase gehalten. Besonders der Geruchsinn war gefragt und nicht immer war es leicht zu erkennen, was da auf dem Teller lag.
Nachdem das Motto des ganzen Tages die: „Gedicht in der NaturWiederentdeckung der Langsamkeit“ war, ließen sie sich bereits beim Verkosten sehr viel Zeit.
Nach der Kostprobe nahm jede/r gespannt die Augenbinde ab. Jetzt waren auch alle anderen Sinne wieder gefragt und sie konnten am Frühstücksbuffet das erweiterte Angebot in Augenschein nehmen und in Ruhe,  jetzt bei einer Tasse Kaffee oder Tee, das Frühstück mit den KollegInnen genießen.
Einige LehrerInnen schauten mich etwas irritiert an, als ich noch sagte: „Lassen sie sich  ruhig Zeit. Ich werde draußen auf sie warten“. Selbst für mich war diese Ansage ungewöhnlich. Normalerweise bin ich für Strukturen, auch was die Zeit anbelangt, ich wollte aber auch sehen, wie ein Prozess abläuft, wenn keine Zeitangabe gemacht wird und die Gruppe individuell entscheiden kann, wann das Frühstück beendet ist.
Ich saß also am See und bekam durch mein aktives Warten selbst ein Zeitgeschenk.
inspiration naturInteressante Antworten bekam ich auf meine erste Frage. „Wie gestaltete sich der Prozess im Team , nachdem sie erfuhren, dass sie selbst entscheiden, wann das Frühstück zuende ist?“
Warte ich ab, bis der/die erste unruhig wird? Schließe ich mich den anderen an? Wer ist die treibende Kraft? Was passiert in mir, wenn ich wirklich genSonne genießenügend Zeit habe? Kann ich abschalten?

Anschließend begannen wir mit ersten Achtsamkeitsübungen.
Eine Meditation über die vier Elemente schien sie ebenfalls anzusprechen. Sie konnten sich einlassen.
Man spürte die gute Teamatmosphäre und jede/r folgte trotzdem seinem eigenen Rhythmus.
Zum Abschluss wählten sie aus verschiedenen Angeboten. Während eine Gruppe am See auf der Brücke saß, sich von der Natur dichterisch inspirieren ließ und kleine Verse aufschrieb, nahmen sich andere einen Klumpen Ton und formten etwas, was gerade Entstehen oder Geboren werden wollte.
Eine dritte Gruppe ließ sich auf ein anderes Abenteuer ein. Sie zogen sich in den Schäferwagen zurück. Dort war ihre Aufgabe, abzuwarten, bis sich die Augen an die Dunkelheit gewohnt hätten… Eine Camera obscura im Schäferwagen! Damit haben sie nicht gerechnet. Sie waren begeistert.
Gerne  tauschten sie anschließend aus, was jede/r erlebte. Eine kleine Kostprobe zeigen Bilder und ein Text der Dichtergruppe:

Erwachen
Enten schwimmen
der Wind weht
Natur erleben
Ruhe

Das Mittagessen spendierte eine Kollegin. Es gab Pizza aus dem Steinofen. Gegessen wurde in idyllischer Umgebung am See.

Während das Vormittagsprogramm vorwiegend dem Wohlergehen des Einzelnen dienen sollte, war am Nachmittag mit den Workshops zum Thema Wiese wieder die Teamleistung gefragt.
In der Tagesreflexion erfuhren wir, dass der Tag eine bunte Mischung von Vielem war.
Ein besonders gelungener Tag, so das einhellige Credo des Teams.
Die Schulleitung schrieb in einer email ein paar Tage später: „Die Entschleunigung  hat eine anhaltende Wirkung“.

 

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