Es ist abends, halb acht und ich wechsle gerade die Tische. Vom Essenstisch zum Schreibtisch. Natürlich können wir im NZB noch immer nicht ins Internet, aber darüber will ich heute überhaupt nicht nachdenken.
Heute gingen die ersten Ferienspiele im Jahr 2010 zu Ende. Als wir hinterher die Ereignisse reflektierten, waren wir uns einig. Schön war´s. Das Wetter war wie vorhergesagt: gemischt.
Auch heute wieder – wir saßen um´s Lagerfeuer, erzählten Märchen, da hagelte es sogar. Aber wir blieben sitzen, die blauen Flecken am Himmel kündigten gleichzeitig an, dass es bald wieder aufhören würde.
Als wir den Kindern gestern sagten, dass es morgen Linsensuppe am Feuer gibt, waren nur wenige dabei, die jubelten. Beim Einkauf überlegte ich deshalb einen „Notfallplan“. Ich entschied mich für einen nahrhaften Nachtisch mit Quark und Früchten.
Thomas und Christian, die Köche des heutigen Tages, und zuständig für die Zubereitung von Vollwertikost am Feuer, waren zuversichtlich. So köchelte auf dem offenen Feuer eine Linsensuppe, nicht nur mit köstlichen Zutaten wie Kartoffeln, roten Linsen, Karotten, Lauch und Sellerie, sondern sie war auch gewürzt mit mediterranen Kräutern aus dem Garten und einer großen Portion „Hingabe“. Das Ergebnis war verblüffend. Selbst die größten Kritiker holten sich eine zweite Portion. Die Freude der Köche darüber war in ihren Gesichtern zu lesen. Selbst der Stockbrotteig aus vorher selbstgemahlenem Mehl war begehrt und Thomas musste erneut Teig kneten. Das perfekte Stockbrot sah, wie es ein Kind richtig treffend formulierte, wie eine Brotzigarre aus. Wir stellten uns vor, wie wir sie in Zukunft mit Kräuterbutter oder Quark noch füllen und veredeln könnten. Schlemmermäuler saßen da am Feuer, wirklich!
Ansonsten gaben wir den Kindern Gelegenheit sich noch einmal richtig auszutoben. In diesen 4 Tagen sind wirkliche Freundschaften entstanden. Auch gab es Konflikte, aber diese wurden ganz anders geregelt. Wertschätzend und vertrauensvoll.
Von einem besonders schönes Erlebnis möchte ich noch erzählen. Marie, Julia und Anna Liesa wollten mit mir an den Teich. Wir schauten nach Froschlaich und näherten uns auch wieder dem Balken, der uns Zugang zum See verschaffen würde. Der See an sich war nicht so interessant, wie der Balanceakt über den Balken. Locker und leicht überquerten sie die Distanz. Sie gingen sogar mit geschlossenen Augen drüber. Wahrscheinlich sahen sie mir an, wie ich mit mir rang. Und dann kam die Ansage: „Veronika und jetzt du“! „Nein, so mutig bin ich nicht“. „Doch du schaffst es“. Alle 3 Mädchen standen auf der anderen Seite. Ich war unentschlossen. Bis Marie sagte: „Glaub an dich, du schaffst es“. Da war mir klar. Das sind meine Worte. Jetzt gibt es kein Zurück mehr. Als ich auf der anderen Seite ankam, hüpften sie um mich herum. Sie klatschten, und wir freuten uns gemeinsam. Diese Momente werde ich nie vergessen.
Die Schlussrunde verlegten wir auch auf die Brücke am Tümpel. Wir hatten ja noch etwas Froschlaich, welchen wir die vergangenen Tage in einem Behälter zur Beobachtung aufbewahrten, den wollten wir wieder aussetzen.
Anschließend stellten wir den Kindern die Frage: Hat es sich gelohnt, während der Ferien trotzdem so früh aufzustehen, um zu uns ins NZB zu kommen? Die Antworten würde ich gerne ALLE wiedergeben, so stolz waren wir 3 Betreuer. Das ging runter wie Öl und macht jede Minute kostbar. Z.B. kam die Antwort von Lars: „Eigentlich habe ich mir das so nicht vorgestellt. Jeden Tag am gleichen Ort, nicht so wie bei den Ferienspielen der Stadt. Aber ich hätte es nicht geglaubt – die Natur, das Feuer, die Frösche… alles war ganz anders, aber richtig schön“. Julia sagte: „mein kleiner Bruder muss in den Kindergarten, aber der trödelt immer und heute habe ich gesagt: Mama, ich will jetzzzzt in das Naturschutzzentrum“. Oder Tim, der sagte: „ich bin am Morgen aufgewacht und hab gedacht: Was wir wohl heute alles wieder machen werden“? Wir haben die Aussagen zum größten Teil gefilmt: eine Kostprobe werden wir mit Sicherheit auf die Homepage stellen.
Am Schluss wollten wir noch eine „Abschluss-Natur-Entdecker-Runde“ gehen. Doch wir kamen erst nicht weit. Wieder lockte es alle an den Balken. Ich nenne ihn den „Mutbalken“. Er ist anziehend und es war wie ein Sog.“ Gehen wir drüber?“ Wir konnten gar nicht anders. Schaffen es alle? Gestern noch waren einige zweifelnd, wie ich.
Die ersten hatten es geschafft. Jubel – und dann kam die „Riege der Unentschlossenen“. Benjamin wartete bereits mit der Kamera, um die Szene nicht zu verpassen, falls es schief geht. Aber es war wichtiger, dass er dokumentierte, wie sich die Gruppe gegenseitig unterstützte und es auch jeder schaffte. Das hätte ich nie geglaubt. Sie umarmten sich, freuten sich füreinander und da wollte ich auch dazugehören. Also noch einmal… Ein Junge klopfte mir anschließend anerkennend auf die Schulter. Das konnte ich bei ihm auch tun. Gestern brauchte er noch eine „Gehhilfe“. Heute war er zwar unsicher gestartet, aber sicher gelandet und für seinen Mut mit Applaus belohnt worden. Es war so schön, dies zu erleben.
Ich liebe Ferienspiele!!!