Stimmengewirr im Foyer. Meine Bürotüre steht offen. Es sind keine Kinder, wie heute morgen, als Kinder der vierten Klasse der Christopherusschule aus Heppenheim zu Gast waren.
Die Bässe der Jungs klingen tief, die weiblichen Stimmen etwas kichernd zurückhaltend. Ich beginne mich für die Gruppe zu interessieren.
Es warten SchülerInnen im Alter zwischen 15 und 17 Jahren zusammen mit ihren LehrerInnen aus der Karl-Kübel-Schule auf die Referentin. 10 deutsche SchülerInnen treffen für eine Woche auf 10 SchülerInnen aus Bulgarien. Ein Schüleraustausch. Ihr Wunschprogramm für heute war es, etwas Praktisches zu Erleben. Die Natur an sich, und ganz speziell, der Lebensraum Teich. Annika betreut die Gruppe, nicht zum ersten Mal. Sie weiß auch, worauf es den verantwortlichen LehrerInnen sonst noch ankommt: ein entspanntes Miteinander.
Ich schnappte mir meinem Foto und beobachtete die Gruppe am See. Sehr interessiert waren sie dabei nach den kleinen Lebewesen des Teichs zu suchen. Alle gefundenen und sorgsam herausgefischten Lebewesen werden kurzfristig in Behältern gesammelt und später unter dem Binokular etwas genauer betrachtet. Alle finden den Weg zurück in den Teich.
Ich versuchte mit der Lehrerin aus Bulgarien ins Gespräch zu kommen. Dabei hörte ich heraus, dass die SchülerInnen sehr viel „Fun“ hätten und alle Anreize sehr gerne annehmen würden. Sie würden sich sehr für das Land und die deutsche Kultur interessieren.
Mehrmals fiel das Wort: different. Verschieden. Alles sei Neu und sehr verschieden. Zum Beispiel seien die SchülerInnen erstaunt, dass hier eine Unterrichtseinheit 90 Minuten dauern würde. In Bulgarien würde nach 40 Minuten eine Stunde zu Ende sein. Ich fragte sie natürlich, was sie denn für besser halten würde. Es wäre wohl etwas dazwischen. Ich interessierte mich für weitere Unterschiede. Sie nannte auch die Kleidung in der Schule. In Bulgarien hätten alle eine Uniform an. Das sei einfacher für alle, und alles.
Die Lehrerin der Karl-Kübel-Schule gesellte sich zu uns. Sie sagte, für die deutschen Schülerinnen wäre es sehr gewöhnungsbedürftig gewesen, als sie in Bulgarien zu Gast waren. In jeder Klasse wären Kameras und die Schulleitung könne jederzeit den Unterricht mitverfolgen. Es wäre auch nicht so einfach zu sagen, was man denkt.
Die SchülerInnen dort aber seien sehr motiviert und ehrgeizig. Aber es sei auch keine normale Schule, sondern eine Privatschule für die Betuchteren. Um diese Woche Aufenthalt in Deutschland zu ermöglichen, müssten die Eltern ein Monatsgehalt bezahlen.
Außerdem hätten die LehrerInnen einen sehr engen Bezug zu ihren Schülern. Also eine Schulzeit von neun Jahren mit einer Lehrkraft sei dort eher normal! Da entsteht Bindung. Nicht selten würden beim Abschied Tränen fließen.
Jetzt wäre der erste Schulabschnitt zu Ende. Und der Eintritt in die Hochschule würde folgen.
Ich fragte auch nach eventuellen Schwierigkeiten im Umgang mit den unterschiedlichen Kulturen. Da sagte eine Lehrerin, das sei dieses Mal weniger das Thema, eher die Geschlechterrolle.
Was passiert, wenn bulgarische Mädchen in Mannheim das shoppen für sich entdecken und die deutschen Jungs damit gar nichts anfangen können. Da gab es doch gestern in Mannheim den leichten Anflug einer Krise. Davon war heute nichts zu spüren.
Ich freue mich immer, wenn Leben bei uns im Haus ist. Bei diesem schönen frühlingshaften Wetter zieht es natürlich viele hinaus in die Natur. Aber ich wünsche mir, dass noch mehr LehrerInnen mit ihren Schülern den Weg zu uns finden würden. Es ist jedes Mal zu beobachten, dass sich alle sehr wohl fühlen. Raus aus dem Klassenzimmer, rein in die Natur. Es lernt sich leichter.