Berend Koch war einer der Referenten beim Auftakt der Reihe: „Was wissen wir eigentlich über unsere Vögel?“. Berend kenne ich seit meiner Tätigkeit als pädagogische Leiterin im NZB.
Ich bin eigentlich keine Freundin von „ausgestopften Tieren“. So habe ich die Exponate etwas abfällig genannt. Wer mein Büro kennt, weiß, dass ich mittlerweile mehrere prachtvolle Exemplare an den Wänden hängen habe. Majestätisch grüßt zum Beispiel der Mäusebussard mit seinen weit ausgestreckten Schwingen.
Inzwischen weiß ich, dass ich durch diese Wortwahl auch schon eine Wertung vorgenommen habe. Und – natürlich gibt es auch Unterschiede im Handwerk. Durch die Arbeiten von Berend Koch und durch die immer häufigere Konfrontation mit Präparaten änderte sich meine Sichtweise und meine Ausdrucksform.
Wertschätzend spreche ich inzwischen von präparierten Tieren und ich erkenne wirklich den Wert der Arbeit. Von Berend haben wir zum Beispiel einen präparierten Hamster. Auf Bildern habe ich gesehen, welche Arbeitsgänge notwendig sind, bis so ein Hamster langsam wieder „lebendig“ wird. Ein junger Uhu wartet noch in der Tiefkühltruhe auf seine „Wiederbelebung“. Der Eisvogel erfreut durch sein prächtiges Federkleid, ich hätte nur nicht gedacht, dass ein Eisvogel so klein ist.
Bei der Orniveranstaltung waren sehr viele präparierte Vögel zu betrachten. Kranich, Eisvogel, Elster, Falke, Enten…. Sie aus der Nähe zu betrachten,ist nur selten möglich und weckt erneut die Ehrfurcht vor der Schöpfung.
Nach der Veranstaltung wollte ich mehr über seinen Antrieb als Präparator erfahren. Mich interessierte, wie man überhaupt auf die Idee kommt, sich mit toten Tieren zu beschäftigen. Was passiert und wie macht man das, wenn man ihnen sozusagen das Fell über die Ohren zieht oder wie er zu sagen pflegt: „ich drehe sie auf links“! Wie man einen Pullover auf links dreht, so kann ich mir das vorstellen. Aber es ist ein äußerst aufwändiges Procedere.
Schon als Kind hätte er Tiere genau angesehen, sie beobachtet und schon recht früh die Entscheidung getroffen: ich werde Präparator!
Interessant ist seine Vita:
http://www.bio.tu-darmstadt.de/einrichtungen/zoologische_sammlung/koch_vita.de.jsp
Natürlich steht da nicht, welche Voraussetzungen man für diesen Beruf braucht. Man muss feinmotorisch gut drauf sein, künstlerisch begabt sein und natürlich eine gute Vorstellungskraft haben beziehungsweise genau beobachten können. Man baut Modelle, formt, knetet und muss dabei ganz genau auf typische Haltungen achten. Es muss so aussehen, als fliege der Vogel gleich los.
Unser Hamster nagt an einer Ähre, sein Ausdruck ist einmalig. Er wirkt frech, so als würde er sagen: „Guck mal, ich finde immer was zu futtern und du musst ganz schön suchen, bis du mich im Kornfeld entdeckst“.
Bei der dreijährigen Ausbildung in Bochum traf er mit Studenten aus den Bereichen Biologie, Medizin und Geowissenschaft zusammen. Noch heute ist Bochum die einzige Ausbildungsstelle, die weltweit staatlich anerkannt ist.
Berend hatte Glück, er konnte relativ bald nach seinem Studium einen Platz an der TU in Darmstadt finden. Dort ist er immer noch, aber die Zeiten ändern sich. Ich fragte ihn nach seiner Akzeptanz unter Kollegen. Ist man als Präparator angesehen? Er sagte, das sei sehr unterschiedlich. Kann ich mir vorstellen.
Europaweit ist er mit anderen Könnern seines Fachs verbunden. Viele Auszeichnungen hat er bereits bekommen. Er ist sogar Weltmeister, sitzt aber inzwischen eher als Juror auf der anderen Seite.
Als ich ihn fragte, ob der Beruf Zukunft hätte, da zeigten sich leichte Falten. Viele Museen hätten keinen eigenen Präparator mehr. Sogar am größten Naturkundemuseum in London gäbe es keinen Präparator mehr.
Auf der Frage von mir nach seiner größten Herausforderung stutzte er erst einmal. Damit hatte er nicht gerechnet. Er würde meist gefragt werden, was wohl das größte Objekt gewesen sei oder wie lange er für die Präparation gebraucht hätte. Aber seine größte Herausforderung? – Längeres Schweigen.
Der Wolf, ja der Wolf sei seine größte Herausforderung gewesen. Es war ein Leitwolf aus einem Zoo. Die jungen aufstrebenden Wölfe würden keine Gnade kennen und einem alternden Wolf das Gnadenbrot nicht gönnen, deshalb musste er sterben.
Berend hat meinen größten Respekt. Ich werde ihn einmal an der Uni besuchen. Dort kann man auch den Wolf bestaunen und nicht nur ihn.