Als ich gestern Abend noch ein bisschen mit Gerhard den Feierabend am See genießen wollte, dachte ich das erste Mal darüber nach, dass der Sommer vorüber sein könnte. Wir fröstelten etwas ohne Jacke und es wurde auch bald dämmrig. Die Gänse waren schon alle auf dem See, ihrem Schlafplatz, gelandet und die ersten Fledermäuse verließen das Haus.
„Schade“, dachte ich zugleich. „Ging der Sommer in diesem Jahr schneller durch´s Land?“, war mein nächster Gedanke.
Heute morgen zog ich mir auch gleich vorbeugend eine Jacke über und die habe ich auch während des Tages im Hause gebraucht. Es war der erste Tag seit langem, dass ich mal wieder ohne Termindruck mein Tagwerk beginnen konnte. Ich saß für längere Zeit mit Frau Michalik und Herrn Bergmann im Büro. Wir diskutierten u.a. über Müll und stellten uns die Frage, ob die Sonne noch reichen würde, die Tomaten im Garten zu färben.
Herrn Bergmann begleitete ich dann in den Garten. Er hatte Freude mir zu zeigen, was er in meiner Abwesenheit alles im Garten erledigt hatte. Die Erdbeerenableger hatte er in einem neuen Feld eingepflanzt, die Tomaten etwas von den Blättern befreit, damit noch mehr direkte Sonnenstrahlen einwirken können. Aus meiner Mutter Garten hatte ich ein paar Ableger mitgebracht. Die wurden ebenfalls an Ort und Stelle eingepflanzt. Auf die werde ich besonders achten. Mir blieb nicht viel Zeit, da kam auch schon wieder Frau Michalik, weil ich ans Telefon gerufen wurde. Gerne hätte ich in diesem Moment meinen Platz mit Herrn Bergmann getauscht.
Im Büro gab es jede Menge Anrufe. Angenehme und nicht so Angenehme. Eine Fortbildung auf die ich mich sehr freute, musste ich leider absagen, weil sich nicht genügend angemeldet hatten. Wie gut, dass es der Mitarbeiterin der Sarah-Wiener-Stiftung wie mir erging. Sie sagte: „Nee, Frau Lindmayer, das Thema ist viel zu spannend, um es aufzugeben, ich werde selbst aktiv. Im November will sie jetzt die Sarah-Wiener-Botschafter aus der Umgebung von Frankfurt bis Heidelberg hierher einladen und einen Workshop anbieten. Unser Thema wäre gewesen:„Landschaft schmeckt: Erzählwerkstatt der Sarah Wiener Stiftung zum Thema Kindheitserinnerungen und Kochen“. Wir hatten vorgesehen, dass jeder Teilnehmer sein Lieblingsrezept aus Kindertagen mitbringen sollte. Das allein hat schon bei mir eine Zeitreise in meine Kindheit ausgelöst. Als ich jetzt im Frankenland bei meiner Familie war, fragte ich meine Mutter, ob ich denn richtig läge, mit meinem Lieblingsrezept. Sie schmunzelte und sagte: „Da hast du recht, für dich hätte ich einmal in der Woche Mehlspatzn, Eier und Gurkensalat machen können“.
Die Möglichkeit, dass der Kurs doch stattfinden könnte war einrichtiger Trost und es bestätigt sich mal wieder meine Theorie: Wenn etwas geht, kann auch wieder etwas Neues kommen.
Was war sonst noch heute nachmittag?
Ich stellte mich darauf ein, dass ich heute meine Mittagspause alleine machen muss. Dann kam erst Jonas unser (ehemaliger) Schulpraktikant.“Ich hatte eine Stunde früher frei“. Dann schaute Sirin zur Tür herein: „Heute mittag hab ich frei, da dachte ich, ich mach ´ne Kaffeepause mit dir“. Dann ging die Tür wieder auf und mit Beni waren wir schon zu viert. Da lohnte es sich, gemeinsam Mittagspause zu machen.
Beni war aber nicht einfach mal so gekommen. Er und Herr Strunk (unser EDV-Spezialist) zogen sich ins Sekretariatsbüro zurück. Sie stellten sich erneut Herausforderungen von denen ich überhaupt nichts verstehe und die trotzdem uns allen, wenn´s mal läuft, das Leben erleichtern sollen. Sie arbeiteten fast ohne Worte. Höchst konzentriert. Die Türen blieben meist geschlossen. Ich traute mich fast gar laut zu sprechen. Auch die beiden beneidete ich fast ein wenig dafür, dass sie so über einer Sache bleiben konnten.
Das ist es, merke ich, ich kann nicht mehr bei einer Sache bleiben! Ich sehne mich selbst danach, die Türe schließen zu können.
Gut, dass dann wenigstens Anne, meine Praktikantin gekommen ist. Sie wird mir jetzt etwas mehr Ruhe geben. Ich hörte nämlich Kinderstimmen. Es gab wieder einen Kindergeburtstag zu Feiern.
Dann kam Egbert Korte mit einem Kollegen. Sie werden gleich mit dem Boot auf die Erlache gehen. Sie wollen tauchen und nach Wasserpflanzen suchen. – Ergebnis: Es gäbe kaum Wasserpflanzen. Schuld daran könnten die vielen Karpfen im See sein.
Und jetzt – es ist gerade 19 Uhr – höre ich die Stimmen von Erwachsenen. Es findet wieder einmal ein Kurs von den Botanikern statt. Den werde ich nicht mehr mitanhören können. Ich glaube, es wird für mich Zeit, um Nachhause zu gehen.
Es war ein voller Tag, aber auch ein Tag, der mich zufrieden nach Hause gehen lässt. Ist nicht immer so.
Und wenn ich so aus dem Fenster sehe, dann sollte ich vielleicht nochmal das goldene Licht des Tages auf mich wirken lassen. Noch schnell das Bild als Beleg. Und tschüß