Heute morgen erging es mir schon wie in den Tagen zuvor. Ich freue mich, zur Erlache zu kommen. Kaum habe ich die Stadt verlassen, dann tauche ich ein in eine andere Welt. Überall liegt Reif auf den Wiesen, Bäumen und Sträuchern. Die Landschaft ist wie verzaubert. Umrisse grenzen sich noch besser ab und man möchte überhaupt nicht, dass sich daran etwas ändert. Aber schon bald kommt die Sonne, sie hat bereits Kraft und der Zauber wärmt nur noch das Herz. Doch die Stimmung bleibt, sie hebt allemal die Laune.
Zurzeit sichten wir Akten und trennen uns von „Altlasten“. Ausmisten ist eine meiner Lieblingsbeschäftigungen. Ich räume gerne auf – käme ich nur häufiger dazu. Es ist so ein Gefühl von „sich Luft verschaffen“ oder anders ausgedrückt: es schafft Platz für Neues.
Ja, ich habe das Gefühl, wir bereiten uns alle auf die neue Saison vor. Frau Gaulrapp tippt die neuen Programmangebote ein, Frau Michalik sortiert Adressen, überprüft Flyer und Texte. Jannis koppelt Auszüge aus dem Programm aus. So entstehen neue Flyer für Schulklassen oder Kindergeburtstage…
Annika ist gerade mit unserer Praktikantin Annemarie und mit Kindern draußen an der Feuerstelle. Der erste Kindergeburtstag in diesem Jahr. Den Kindern macht, ähnlich den Gänsen auf dem Wasser, die Kälte nichts aus.
Was ist aus unseren Tieren geworden? Der Wanderfalke wurde bereits mehrmals gesichtet. Heute morgen saß der Turmfalke im Baum der Streuobstwiese, ein Rotkehlchen sichtete ich ebenfalls ganz nah am Haus und – zu meiner ganz besonderen Freude sah ich auch eine Amsel. Hätte nicht gedacht, dass ich mich je so freuen würde, eine Amsel zu sehen.
Noch am Wochenende traf ich Hans Ludwig beim Tegut in Lorsch. Tapfer wartete ein älterer Herr, bis wir mal im Gespräch inne hielten. Er sagte: „Herr Ludwig, ich vermisse meine Vögel“. Sonst wären immer so bis zu 70 Vögel an seiner Futterstelle. Da atmete der Hans tief durch und sagte: „Ja, das könnte für uns alle ein stummer Frühling werden.“ Oh, da lief mir die Gänsehaut. Das Amselsterben hat ja unseren Raum besonders betroffen.
Etwas gedrückt ging ich nach Hause.In solchen Situationen frage ich dann immer auch bei meinem Gerhard nach. Der hat meist eine Art, mich wieder zu beruhigen. Er sagte: „Die Natur schafft das schon. Das machen die untereinander aus“.
Ich habe auf jeden Fall meiner Amsel heute früh einen besonders netten Morgengruß zugerufen. Das mach ich auch immer mit dem Turmfalken. Manchmal denke ich, er begleitet mich ein bisschen des Weges und wenn ich will, interpretiere ich sein Rütteln in der Luft als Ausdruck von Freude – mich zu sehen. Das beruht dann auf Gegenseitigkeit.